Warum wir für echte Freude das Handy öfter weglegen sollten

Hier ein Schokoriegel, da eine Pause am Handy: Das bringt uns kurzfristig Glücksgefühle, langfristig aber Überreizung und Stress, wenn wir nicht aufpassen. So können wir gegensteuern.

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Was machen Sie, wenn Sie im Wartezimmer beim Arzt sitzen, nach einem langen Tag in der Bahn auf den Sitz fallen oder zu Hause auf das kochende Nudelwasser warten? In solchen Momenten greifen viele von uns zum Smartphone, um in den sozialen Netzwerken zu stöbern. Psychologisch gesehen unterhalten und lenken uns kurze Videos ab, indem sie unserem Gehirn einen schnellen, aber flüchtigen Glückskick geben.

Verantwortlich dafür ist Dopamin, ein Botenstoff, der eine zentrale Rolle in unserem Belohnungssystem spielt. Wenn Dopamin ausgeschüttet wird, erleben wir kurzfristige Glücksgefühle, erklärt Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Solche Reize müssen nicht unbedingt vom Smartphone kommen. Auch ein Schokoriegel oder ein Kaffee können im Gehirn ähnliche Effekte hervorrufen.

Langer Film? Brettspiel? Verlieren an Reiz

Doch wo liegt das Problem, wenn Glücksgefühle willkommen sind? Bei Dopamin gilt: Zu viel kann schädlich sein. Wenn unser Gehirn ständig mit Reizen überflutet wird, kann dies zu Dauerstimulation führen. Laut Häfner, ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau, kann eine hohe Dopaminmenge psychische Belastungen wie Stress, innere Unruhe oder Konzentrationsprobleme verstärken.

Die Folge ist eine Übersättigung, bei der unser Gehirn ständig neue Impulse benötigt, um Freude zu empfinden. Dies ist vergleichbar mit einem Suchtmechanismus, so der Experte. Ein Anzeichen für Reizüberflutung ist der Verlust der Motivation, sich mit zeitintensiven Aktivitäten wie Brettspielen oder längeren Filmen zu beschäftigen, da diese langsamer einen Dopamin-Effekt hervorrufen.

So kann das Nervensystem entspannen

Wie finden wir einen Ausweg aus der Überstimulation und zurück zu mehr Balance? Das Stichwort lautet Dopamin-Detox. Es geht nicht darum, sich Freude zu verbieten, sondern die Reizflut zu reduzieren, damit unser Nervensystem entspannen kann. Folgende Maßnahmen können helfen, bewusster mit Reizen umzugehen:

  • Bildschirmzeit am Abend reduzieren oder das Smartphone ganz weglegen
  • Push-Benachrichtigungen deaktivieren
  • Podcasts oder Musik bewusst und nicht nebenbei hören
  • Analoge Aktivitäten in den Alltag integrieren, wie Lesen, Malen oder Spazierengehen

Wer sich oft dabei ertappt, sich durch Süßigkeiten, Kaffee oder Online-Shopping schnelle Dopamin-Kicks zu verschaffen, kann auch hier ansetzen und sich zeitweise Verzicht auferlegen.

Auch wenn der Anfang schwerfällt, lohnt es sich: Unsere Wahrnehmung wird wieder schärfer, und die Freude an alltäglichen Dingen kehrt zurück. Ein bewusster Umgang mit Reizen kann Stress reduzieren und die psychische Widerstandskraft erhöhen, so Häfner.