Schlecht sehen im Dunkeln: Bin ich etwa nachtblind?
Im Dunkeln sehen wir weniger als am Tag – das ist klar. Doch manche Menschen sehen nachts besonders schlecht, vermeiden Autofahrten. Woran liegt das - und was kann helfen?

Manchen Menschen bereitet das Sehen bei Nacht besonders große Probleme. Ein Begriff, der vielen Menschen in den Kopf schießen dürfte: Nachtblindheit. Die ist allerdings ein seltenes Phänomen, meist stecken andere Ursachen hinter schlechtem Sehen bei Nacht. Die wichtigsten Fragen - und Antworten darauf:
Wie funktioniert das Sehen im Dunkeln?
Um zu verstehen, warum wir im Dunkeln schlechter sehen, muss man sich die Funktionsweise des Sehens ansehen. «Wir haben lichtempfindliche Zellen, die auf das Dunkel (Stäbchen) und die Helligkeit (Zapfen) spezialisiert sind», erklärt Prof. Ulrich Kellner, ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des Augenzentrums in Siegburg. Diese Zellen befinden sich in der Netzhaut des Auges.
Die Zapfen bieten eine höhere Auflösung und Farbwahrnehmung. Stäbchen hingegen können sehr schwaches Licht in ein verwertbares Signal für das Gehirn umwandeln, allerdings auf Kosten der Auflösung und der Sehqualität. Farben nehmen die Stäbchen nicht wahr, sondern nur Grautöne.
Warum haben manche Menschen größere Schwierigkeiten im Dunkeln zu sehen?
Es gibt verschiedene Gründe, warum manche Menschen im Dunkeln schlechter sehen, wobei echte Nachtblindheit selten ist. Häufiger tritt Kurzsichtigkeit auf.
Viele Patienten berichten, dass sie nachts schlecht sehen, aber oft meinen sie damit die Blendung durch entgegenkommende Autos, erklärt Ulrich Kellner. Kurzsichtige Augen sind länger und reflektieren mehr Licht, was sie empfindlicher macht.
Auch Linsentrübungen wie der Graue Star können die Sicht beeinträchtigen, da Licht gestreut wird und Blendung verursacht, besonders bei Autoscheinwerfern.
Was ist echte Nachtblindheit?
Echte Nachtblindheit, medizinisch als Hemeralopie bekannt, tritt auf, wenn die Funktion der Stäbchen beeinträchtigt ist oder sie verloren gehen, oft durch erbliche Netzhauterkrankungen wie Retinitis pigmentosa. Diese Erkrankungen führen zur Zerstörung der Netzhaut und äußern sich oft zuerst durch Nachtblindheit und ein eingeschränktes Gesichtsfeld.
In Deutschland sind etwa 40.000 Menschen von der erblich bedingten Nachtblindheit betroffen. Auch Vitamin-A-Mangel kann Nachtblindheit verursachen, da Vitamin A für die Bildung des Sehpigments Rhodopsin in den Stäbchen benötigt wird. Mangelerscheinungen sind selten, können aber nach großen Darmoperationen oder bei schwerem Alkoholismus auftreten. Autoimmunerkrankungen können ebenfalls seltene Ursachen sein.
Wie wird Nachtblindheit diagnostiziert?
Wann sollte man bei schlechter Sicht im Dunkeln zum Arzt gehen? Laut Kellner, wenn ein subjektives Problem besteht und der Leidensdruck hoch ist.
Die Diagnostik von Sehstörungen im Dunkeln erfordert ein spezialisiertes Augenzentrum, erklärt Christoph Friedburg, Oberarzt der Augenklinik am Uniklinikum in Gießen. Es gibt nur wenige Geräte, die Aussagen zur Sehfunktion in der Dämmerung erlauben.
Augenärzte prüfen den Augenhintergrund und nutzen bildgebende Verfahren, um die Ursache zu finden. Bei Verdacht auf genetische Ursachen können spezielle Tests Klarheit schaffen. Über 300 Gene sind mit Netzhauterkrankungen assoziiert.
Das Alter der Patienten gibt oft Hinweise: Bei jüngeren Menschen wird eher eine genetische Störung vermutet, während bei älteren Patienten ab 50 Jahren Linsentrübungen oder altersbedingte Störungen wahrscheinlicher sind.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
In "banalen" Fällen wie dem Grauen Star ist die Behandlung einfach: Eine Katarakt-OP kann die getrübte Linse durch eine Kunstlinse ersetzen.
Bei angeborenen Erkrankungen fehlen oft Therapiemöglichkeiten, aber in seltenen Fällen kann eine Gentherapie helfen. Für das RPE65-Gen gibt es eine Therapie, die eine Verschlechterung der Sicht verzögern kann, jedoch nur für etwa ein Prozent der Betroffenen.
Bei Nachtblindheit durch Vitamin-A-Mangel können entsprechende Präparate helfen.
Wie können Betroffene ihren Alltag meistern?
Menschen mit echter Nachtblindheit sollten nachts nicht Auto fahren, warnt Ulrich Kellner. Bei Unsicherheit sollte man das Fahren vermeiden.
Im Alltag sollte man für ausreichende Bele