Frauengesundheit

Medikamente in der Schwangerschaft: Darf ich - oder nicht?

Eine Schmerztablette schlucken? Oder lieber die Zähne zusammenbeißen und aushalten? Geht es um die Einnahme von Medikamenten, sind Schwangere oft verunsichert. Woran das liegt und worauf es ankommt.

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Bloß kein Risiko eingehen: Das Thema Medikamente verunsichert viele Schwangere.
Bloß kein Risiko eingehen: Das Thema Medikamente verunsichert viele Schwangere.

Wenn der Blick auf den Beipackzettel Ängste schürt

Patientinnen und Ärzte stehen vor der Herausforderung, individuell sinnvolle Entscheidungen zu treffen und Nutzen sowie Risiken abzuwägen. Dies ist oft schwierig, da die Datenlage dünn ist. Wolfgang Paulus, Leiter der Beratungsstelle für Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit an der Universitätsklinik Ulm, erklärt, dass das Thema Medikamente für medizinische Laien, insbesondere Schwangere, überfordernd sein kann. Sein Team berät jährlich bis zu 4.000 Patientinnen und Ärzte. Die Angaben auf Beipackzetteln verursachen oft Unruhe und Sorge, was dazu führen kann, dass entweder gar keine Medikamente eingenommen werden oder Frauen versehentlich Medikamente einnehmen und später in Panik geraten.

Warum Daten zu Schwangeren fehlen

Die Zurückhaltung der Medikamentenhersteller hat Gründe, wie den Contergan-Skandal der 1960er-Jahre, bei dem ein Schlafmittel in der Schwangerschaft zu schweren Fehlbildungen führte. Seitdem sind Schwangere weitgehend von Studien zu Medikamentenzulassungen ausgeschlossen. Tierversuche bieten keine zuverlässigen Daten, da der Stoffwechsel von Tieren anders ist und oft höhere Dosen eingesetzt werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden oft durch Beobachtung von Fällen gewonnen, in denen Schwangere ungeplant Medikamente eingenommen haben. Solche Fälle werden dokumentiert und beobachtet, bis genug Daten vorliegen, um Warnhinweise zu relativieren, was oft viele Jahre dauert.

Es ist ein ständiges Abwägen

Bei gesundheitlichen Beschwerden in der Schwangerschaft muss gründlich abgewogen werden, ob Beschwerden ohne Medikamente tolerierbar sind oder ob eine Behandlung mit erprobten Wirkstoffen notwendig ist. Die Entscheidung muss individuell getroffen werden. Hebamme Manuela Rauer-Sell betont, dass die Bedürfnisse der Frauen unterschiedlich sind und es wichtig ist, die Symptome und ihre Belastung zu berücksichtigen. Sie ermutigt dazu, nicht immer alles auszuhalten, da Schmerzen Stress verursachen können. Aufklärung ist wichtig, um Schwangeren die Freiheit zu geben, selbst zu entscheiden, wann sie ein Medikament benötigen.

Beratungsangebote bieten Orientierung

Es muss unterschieden werden, ob es sich um Medikamente gegen Vorerkrankungen oder akute Beschwerden handelt. Bei Grunderkrankungen sollten Schwangere das Gespräch mit Fachärzten suchen und gegebenenfalls eine Zweitmeinung einholen. Neben der Universitätsklinik Ulm bietet auch die Charité in Berlin Beratungen an. Über die Plattform www.embryotox.de können Informationen und Risikobewertungen zu Medikamenten abgerufen werden.

Vielleicht tut es auch ein Hausmittel

Bei leichten Erkrankungen wie Erkältungen oder Kopfschmerzen empfiehlt Hebamme Manuela Rauer-Sell, Hausmittel auszuprobieren. Salbeitee, Rachenspülungen und Wärmflaschen sind bewährte Mittel. Bei geplanten Eingriffen wie Zahnbehandlungen sollte überlegt werden, ob diese auf die Zeit nach der Schwangerschaft verschoben werden können.

So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Wenn Medikamente notwendig sind, sollte laut Wolfgang Paulus die Dosis moderat und die Anwendungsdauer begrenzt sein. Das erste Schwangerschaftsdrittel ist besonders sensibel, danach sinkt die Empfindlichkeit des Ungeborenen. Bei leichten Beschwerden wie Allergien sollten lokale Behandlungen bevorzugt werden. In der Schmerztherapie ist Paracetamol bei moderater Anwendung wieder vertretbar, da nicht der Wirkstoff, sondern der Stress der Mütter asthmatische Beschwerden bei Kindern verursachte.